Für Veranstalter: Der Umgang mit Musikern

 

Ganz ehrlich: Ich mag meinen Beruf. Nicht alles, was damit zu tun hat, aber das meiste. Was ich daran aber am allerwenigsten mag ist die Kontaktaufnahme mit unbekannten Veranstaltern. Das sogenannte „Booking“. Ich hasse es, von Leuten so behandelt zu werden, als würde ich nicht existieren. Es mag daran liegen, dass Veranstalter jeden Tag Anfragen von unglaublich vielen Bands erhalten und einfach keine Lust haben, auf jede einzelne zu antworten – aber wie unerfreulich und demotivierend das für die anfragenden Musiker und Agenturen ist, stellen sich die meisten gar nicht vor.

Ich möchte an dieser Stelle ein paar Tips für Veranstalter geben, die dabei helfen sollen, unsere Zusammenarbeit für beide Seiten zu erleichtern. Ich spreche als Solomusiker, der auf der Bühne kaum Platz braucht, sein Equipment selbst mitbringt und vom Veranstalter nichts außer einer Steckdose und einer Lampe an der Bühne benötigt. Ich bin der feuchte Traum eines jeden, der einen kleinen Live – Club führt und wenig bis keinen Aufwand für die Shows haben will. Hier ist meine Wunschliste an Euch:

  • Bitte geht online (Facebook ist nicht „online“).
    Eine Webseite mit grundlegenden Informationen zum Club oder Eurer Bühne hilft dabei einzuschätzen, ob es überhaupt Sinn macht, sich bei Euch zu bewerben. Je mehr ich vor der Kontaktaufnahme über Euch herausfinden kann, desto unwahrscheinlicher ist es, dass ich eine Bewerbung an Euch schicke, die überhaupt nicht zu Euch passt. Stellt Euch einen Musiker als Arbeitslosen vor, der auf der Suche nach einem Job ist. Er ist motiviert, qualifiziert und hat Erfahrung. Wenn sich der arbeitslose Elektriker allerdings bei einem Bäckereibetrieb bewirbt, wird er kaum eine Antwort erhalten, weil die Bewerbung an sich schon völlig daneben ist. Also: Wenn Du ein Bäcker bist, hänge ein Schild mit der Aufschrift „Bäckerei“ über die Tür und an die Webseite. Am Ende bekommst Du weniger und dafür die richtigen Bewerbungen – und hast weniger Arbeit damit.
  • Bitte sagt uns Musikern, was Ihr wollt, bevor wir Euch nerven.
    Ihr wollt nicht angerufen werden? Oder nur zu bestimmten Zeiten? Ihr wollt keine eMails beantworten, weil ihr „Oldschool“ seid und mit diesem elektrischen Zeug nichts zu tun haben wollt? Bitte schreibt das auf Eure Webseiten. Bei der Suche nach Auftrittsmöglichkeiten stoße ich auf unzählige Seiten, bei denen unter „Kontakt“ eine Festnetznummer steht. Wenn ich anrufe, erhalte ich meist nur die Info, dass der „Chef nicht da ist“. Wenn ich ihn dann irgendwann erreiche, sagt er mir, ich soll lieber eine eMail schicken. Natürlich an eine Adresse, die nicht auf der Webseite steht. Stünde diese Adresse unter „Kontakt“ mit dem Zusatz „Musiker – Anfragen“, hätte ich mir zwei bis drei Anrufe und Deinen Theken- oder Bürokräften Ablenkung erspart.
  • Das sollte auf Eurer Webseite stehen:
  1. Wollt Ihr überhaupt, dass Musiker sich bei Euch bewerben? Wenn nicht, dann schreibt das bitte einfach irgendwo hin, wo wir es auch sehen können.
  2. Auf welchem Weg wünscht Ihr Euch die Kontaktaufnahme? Telefon / eMail / Brief & CD? An welche Adresse / Nummer? Zu welchen Zeiten? Wie heißt der Ansprechpartner für Booking?
  3. An welchen Wochentagen habt Ihr Live – Musik? Macht Ihr das wöchentlich, monatlich oder vielleicht völlig unregelmäßig?
  4. Wie lange im voraus plant Ihr Eure Konzerte? Macht es überhaupt Sinn, für einen Termin in 3 Monaten oder in einem Jahr anzufragen?
  5. Welche Besetzungen und Stilrichtungen wünscht Ihr Euch auf Eurer Bühne? Wenn irgendwo steht, dass Ihr nur Punkrockbands bucht, dann hält Euch das die Anfragen von den weinerlichen Liedermachern vom Hals und andersrum.
  6. Wie groß ist Euer Club / die Bühne? Wie viele Leute passen rein?
  7. Muss man als Musiker irgendwelche Voraussetzungen erfüllen, um auf die Bühne zu dürfen?
  8. Habt Ihr eine eigene PA? Welches Equipment wird benötigt, um bei Euch auftreten zu können? Stichwort Tech Rider.
  • Bitte antwortet uns Musikern.
    Wir haben genau soviel Büroarbeit wie Ihr. Wir Musiker sitzen auch täglich am Rechner und kümmern uns um Buchhaltung, Terminplanung und die Kontaktaufnahme mit potentiellen Partnern, Fünfzig bis Hundert eMails an einem Tag sind keine Seltenheit in unserem Job. Keine Antwort zu bekommen ist frustrierernd und für diejenigen, die nicht aufgeben und immer wieder schreiben, sorgt Ihr durch das Ignorieren von Nachrichten für erheblichen Mehraufwand. Mein Tip hierzu:
    Es gibt sogenannte Autoresponder, die in fast jedem eMail – Dienst und eMail – Programm integriert sind. Richtet einfach eine Adresse nach dem Schema booking@deine-internetseite.de ein und wählt die Einstellung so, dass jeder, der an diese Adresse schreibt, automatisch eine kurze Info bekommt, dass die Mail eingegangen ist.
    Hier könnte auch drinstehen, ob eine wiederholte Kontaktaufnahme sinnvoll ist – z.B.:  „Wir lesen jede eMail, die an diese Adresse eingeht. Wenn wir Euch nicht antworten, heißt das, dass wir Euch nicht buchen wollen, bitte schreibt nicht noch einmal. Wenn Eure Terminanfrage nicht für mindestens ein Jahr im Voraus eingeht, werden wir auch nicht antworten.“ So oder so ähnlich sieht eine Antwort aus, mit der ich etwas anfangen könnte.

Zusammengefasst heißt das: Wenn ein Veranstalter mir und meinen Kollegen schon vorab diese Informationen zur Verfügung stellt, verringert sich für uns beide der Aufwand beim Booking erheblich. Ich habe einen Clubbetreiber im Bekanntenkreis, den ich beim Leeren seines Briefkastens beobachten durfte:

Er öffnete den Kasten, nahm ein paar Briefe und einen Stapel aus ungefähr 10 CDs heraus, sortierte den Haufen und warf die CDs komplett in den nebenstehenden Mülleimer. Ungeöffnet, unbesehen. Nach eigener Aussage bekommt er täglich mindestens 5 CDs zugeschickt, bucht aber NIEMALS Musiker, die sich bei ihm bewerben und wirft seit 10 Jahren ausnahmslos alle Bewerbungen weg. Auf seiner Webseite findet sich kein Hinweis darauf, dass er keine Bewerbungen erhalten möchte. Jede Bewerbung nervt ihn, am Telefon, per Mail und in der Post. Warum er das den potentiellen Bewerbern nicht mitteilt? Ich werde es wohl nie verstehen.

Bevor ich in den nächsten Wochen noch eine Booking – Anleitung für den Musikeranteil unter den Lesern veröffentliche (vermutlich mit dem Titel „Wie gehe ich den Clubbetreibern nicht so sehr auf den Sack“), mochte ich hier ein Positivbeispiel für eine Traditionsbühne geben, die wie ich finde online alles richtig macht. Auch der Umgang mit den Musikern im Haus ist hier professionell und angenehm. Viele Clubs könnten sich von diesem Laden in Bamberg eine Scheibe abschneiden, der von Volker Wrede betrieben wird. So sollte eine Webseite aussehen: Live – Club, Bamberg. Im Bereich „Service“ sind die Reiter „Downloads“ und „FAQ“ interessant, auch unter „Kontakt“ findet man den Hinweis auf die Bookingadresse.

Wie seht Ihr das? Habt Ihr von Veranstalterseite Kritik an diesen Wünschen oder als Musiker Ergänzungen? Über entsprechende Kommentare würde ich mich sehr freuen!

6 Gedanken zu „Für Veranstalter: Der Umgang mit Musikern

  1. Sehr gut Florian, da sind ja die meisten Spassfaktoren beim buchen zusammengefasst. Definitiv am meisten nervt das überhaupt nicht Antworten. Grüsse und weiter viel Erfolg – JE

  2. So sehe ich das auch. Ich finde, selbst ein Einzeiler in der Form „Kein Interesse“ ist schon genug. Es muss ja nicht immer gleich ein halber Roman sein…

  3. Wirklich gute Tipps von Dir, die alle Veranstalter berücksichtigen sollten – die aber auch voraussetzen, dass Musiker professionell genug arbeiten, um nicht einfach blindwütig alle möglichen Veranstalter in ihrem Umfeld zu kontaktieren, sondern sich im Vorfeld die entsprechenden Gedanken zu machen und vor allem die Infos auf den Websites der Veranstalter TATSÄCHLICH ZU LESEN!

    Das gleiche gilt übrigens auch für die Vertreter der schreibenden Zunft (sprich: Musik-Redakteure): Wenn man einem Musiker Fragen stellt, deren Antworten man der Website des besagten Musikers problemlos hätte entnehmen können, so ist dies nicht nur die beste Voraussetzung für ein äußerst langweiliges Interview, sondern lässt zugleich tief in die Recherche-Fähigkeiten und das fachliche Interesse des jeweiligen Redakteurs blicken.

  4. Da stimme ich Dir zu. Ich denke, dass vor allem auch die Angewohnheit der Musiker, blindlings mit Massen – eMail um sich zu werfen, ohne sich Gedanken darüber zu machen, ob sie überhaupt in einen Club passen, dazu führt, dass Veranstalter die Bewerbungen von vornherein als Spam empfinden. Und ganz ehrlich – Spam würde ich auch nicht lesen.

  5. Na klar,gute Vorschläge,Florian!
    Ich wünschte es liessen sich die Veranstalter darauf ein.
    Das Schlimmste womit die allerdings zu kämpfen haben,ist die Gema Reform,wonach sie nach Zuschauerpotenrial bezahlen müssen.Also nicht :Wieviele waren da sondern wieviele passten rein.
    Das wirkt sich für ebenfalls sehr negativ aus.Deshalb schlage ich noch Kooperationsangebote bei der Bewerbung von Konzerten vor.
    Aber ob die alten Bärte so schnell abkommen.Der alte Striemel ,statt Kooperation. Good slide!

  6. Dass die Veranstalter ihre Probleme haben, ist klar. Von der GEMA wollen wir hier nicht reden – es geht mir vor allem darum, dass diejenigen, die Konzerte veranstalten und Musiker buchen WOLLEN, auch uns und sich selbst die Arbeit erleichtern können. Ob dann das (hoffentlich) gebuchte Konzert auch finanziell tragbar und erfolgreich wird, steht auf einem anderen Blatt. Ich denke, je weniger Stress ich mit dem Booking habe, desto mehr Zeit bleibt für Werbung, Organisation und – nicht zuletzt – auch zum Musizieren und Spaß haben übrig. Die Optimierung von Abläufen sorgt immer für weniger Stress und bessere Produktivität, hier im besten Sinne.

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