Löschen, wo es brennt. Die Lösung für alle Probleme dieser Welt.

Weder ist Deutschsein eine Leistung, noch ist es notwendig, sich für seine Nationalität zu schämen. Beides ist Unsinn. Schämen sollte man sich dafür, dass in einem freien, reichen Land wie Deutschland die Fronten in einer Diskussion so verhärten können, dass Beschimpfungen und offener Hass an Stelle von Argumenten und Zuhören treten.

Die Leute, die momentan mit ein paar hunderttausend Flüchtlingen nicht klarkommen, werden sich noch umgucken – es ist erst der Anfang. Ganz unabhängig davon, ob irgendwo Krieg ist oder Überschwemmung oder einem einfach nur das Wetter nicht gefällt, die Menschen gehen dahin, wo sie lieber sein wollen: Die einen ziehen von Deutschland nach Kalifornien, weil dort die Sonne scheint, während die anderen von Ägypten nach Hamburg ziehen, weil dort das Studium attraktiver ist. Dann gibts noch Leute, die von Syrien nach München kommen, weil zuhause Krieg ist und außerdem soll es auch noch Leute geben, die von Nordafrika nach Mitteleuropa kommen, weil es hier bessere berufliche Chancen gibt. Ach ja, außerdem gibts noch Deutsche, die mit ihrer Rente ein Leben im Ausland führen – die einen auf Malle wegen des Klimas und die anderen in Bangkok, weil man da für kleines Geld mit jungen Mädchen rummachen kann.

schmieder

Am Ende geht es um weltweite Freizügigkeit, die sich – wirtschaftlich gesehen – jeder Mitteleuropäer für sich selbst wünscht, den anderen aber verweigern will. Das können wir vergessen, denn es gibt keine Grenze, die dicht hält. Und es gibt auch keine Grenze, die das jemals getan hätte. Findet Euch damit ab: Es ist 2016, die Menschen haben freien Zugang zu Information und können sich über Mobiltelefone organisieren, sie wissen, wie man sein Leben verbessern kann und nutzen ihre Chancen. Es ist 2016, die Menschen sind mündig und tun, was sie für richtig halten, ganz besonders die Armen und Verfolgten, denn beide Gruppen haben wenig oder nichts zu verlieren. Es ist Völkerwanderung, und Deutschland ist ein beliebtes Ausflugsziel.

schäme

Die Leute, die vor Flüchtlingsheimen und Bussen und in den Innenstädten demonstrieren und schreien „geht wieder nach Hause“, die dürfen das. Es ist nicht schön und keiner will es so recht wahrhaben, aber die dürfen das, zum Glück! Genauso wie die anderen, die positiv und konstruktiv mit der Situation umgehen, auch demonstrieren dürfen, es aber leiser oder gar nicht tun. Auf mich wirken die Menschen, die so unappetitlich laut gegen Immigranten sind, einfach nur lächerlich. Sie sind wie kleine Kinder, die schreiend auf den Boden stampfen, weil sie noch eine ganze Tüte Gummibärchen essen wollen, obwohl sie schon eine hatten. Und auch schon satt sind. Wenn aber Dein kleiner Bruder noch ein Stück Schokolade geschenkt bekommt, dann willst Du auch noch eins haben, auch wenn Du fast platzt. Und wenn Du keins mehr bekommen kannst, dann soll der andere gefälligst auch nichts bekommen, verdammt nochmal!

Das ist so lächerlich.

Es wird sicher beängstigend, wenn der weltweite Armutstopf endlich überkocht, sich die Humansuppe in die reichen Länder ergießt und dabei die rote, gelbe, schwarze und auch die braune Soße einfach mit sich reißt, aber noch ist es nicht ganz so weit. Die Flüchtlinge, die momentan auf der Welt unterwegs sind, sind nur der Anfang. Auf der Erde gibt es ein paar Grundprobleme, die für Flucht sorgen. Flucht vor Krieg oder Armut, das ist doch ganz egal, es ist eine Flucht. Wenn wir es nicht schaffen, diese Probleme zu lösen, werden sie sich durch einen großen Knall selbst lösen – und das wird dann wirklich unangenehm, Freunde.

Diese Probleme sind:

  1. Armut, egal wo auf der Welt.
  2. Hunger, siehe Punkt 1.
  3. Unwissenheit, siehe Punkt 1.
  4. Zensur, siehe Punkt 3.

Das, was uns zu diesen hirnlosen Bestien macht, ist meiner Meinung nach ein uralter Reflex – den man wahrscheinlich Futterneid nennen muss. Alle haben ständig Angst, dass ihnen etwas weggenommen wird. Die Arbeit, die Frauen, die Sozialleistungen, die Kultur. Wollen wir wetten, dass Krieg, religiöser Fanatismus und Völkermord innerhalb von 50 Jahren der Vergangenheit angehören, wenn

  • Jeder Mensch ein Dach über dem Kopf hat
  • Jeder Mensch genug Nahrung zur Verfügung hat
  • Jeder Mensch Zugang zu kostenloser Bildung hat
  • Jeder Mensch Zugang zu unzensierter Information hat

Wollen wir wetten?

Und jetzt kommen einfach alle mal wieder runter, denn Schreien nützt ja nichts. Heulen und auf den Boden stampfen auch nicht. Jetzt gehen alle vor die Tür und pöbeln nicht rum, sondern nutzen ihre Zeit, um was sinnvolles zu tun:

Wir helfen jetzt jedem, der unsere Hilfe braucht. Jedem, den wir sehen. Das ist es doch, was die Schreihälse so lautstark fordern: Zuerst den „eigenen Leuten“ helfen. Ich fordere Euch auf: Los, helft den eigenen Leuten! Wenn ihr mit denen fertig seid, könnt Ihr bei den Flüchtlingen weitermachen. Wenn die dann versorgt sind, könnt Ihr auf der ganzen Welt weiterhelfen, Schulen und Brunnen in Afrika finanzieren, Lebensmittel spenden und Tierschützer werden. Das alles könnt Ihr tun – und solltet Ihr auch tun. Aber zuerst helfen wir den Leuten hier, vor unserer Haustür. Es macht nämlich keinen Sinn, die ganze Welt sinnlos unter Wasser zu setzen – man muss da löschen, wo es brennt! Im Moment brennt es an den Grenzen, in den Flüchtlingsunterkünften und bei den Obdachlosen, es ist nämlich kalt draußen. Also, geht los und helft – egal wem, helft einfach irgendjemandem, anstatt nach der nächsten Tüte Gummibärchen zu schreien wie die Kleinkinder!

Zum Thema „die eigenen Leute“:

Das sind die Leute, die Dich umgeben, nicht die, die auch einen deutschen Pass haben. Wenn Du

  • im Freibad ein Kind ertrinken siehst, hilfst Du. Egal, ob Du in Hannover oder Hurghada bist.
  • einen Autounfall siehst, hilfst Du den Verletzten, wenn Du vorbeifährst, und nicht zuerst den alleinerziehenden Müttern in Deinem Heimatland
  • einen Frierenden siehst, wärmst Du ihn, auch wenn er nicht Deiner Kirche angehört
  • einen Hungernden siehst, gibst Du ihm zu essen, auch wenn er Millionär ist.

So funktioniert Hilfe. Sie ist nicht selektiv. Es gibt keine Grenze dafür – wenn Du ein guter Mensch sein willst, dann hilfst Du nach Deinen Möglichkeiten. Denen, die Dich umgeben – Mensch und Tier, groß und klein, braun und grün. Die, die Dich umgeben, DAS sind Deine Leute. Deine Leute sind also immer da, wo Du auch bist. Egal, wo Du bist. Es sind nur andere Leute, aber immer noch Deine Leute. Immer neue „Deine Leute“.

Ich muss hier zum Ende kommen. Ich bin erschöpft. Ich könnte tagelang weiterschreiben, aber ich muss mich jetzt zügeln. Wisst Ihr, was ich mir wünsche?

Ich wünsche mir, dass die Menschen endlich mal gegen stärkere Gegner auf die Straße gehen und so laut schreien und zetern, wie sie das im Moment gegen die schwächeren tun. Ich wünsche mir einen Aufschrei und einen Kampf gegen die wirklichen Probleme der Welt, wenn wir den momentanen Brand gelöscht haben. Einen weltweiten Guerillakampf gegen das, was die Probleme verursacht, geführt von uns, den kleinen Einzelkämpfern, die angeblich nichts verändern können. Einen Kampf gegen sinnlos angehäuften Reichtum, gegen Hunger, gegen Gewalt, gegen Armut und gegen Drogen, gegen Schweigen und gegen religiösen Fanatismus. Jeder hilft nur den eigenen Leuten, denen dafür aber wirklich. Dann ist allen geholfen, denn jeder hat einen nächsten, der wiederum einen nächsten hat. We’re in this together.

Ich hoffe, für diesen Artikel werde ich als Gutmensch wahrgenommen, denn er kommt aus der Tiefe meiner Seele und es gibt kaum etwas, das ich lieber wäre als ein guter Mensch.

3 Gedanken zu „Löschen, wo es brennt. Die Lösung für alle Probleme dieser Welt.

  1. Klasse, genau auf den bzw. die Punkte gebracht. Hatte von Anfang an das Gefühl, das wir einen Draht zueinander haben.

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