Ein Dankeschön & Gedanken zum Konzert-Streaming

Wie gehts Euch da draußen in der Einsamkeit? So ganz ohne Konzerte und Kino? Ohne Theater und vor allem: Ohne die Leute, mit denen man normalerweise Musik genießt – Eure Freunde? So ganz ohne Kulturbetrieb ist das Leben schon recht langweilig finde ich. Um sich zu beschäftigen gibt es natürlich immer noch Möglichkeiten: Netflix, Bücher, Spotify, Hörspiele… zum Glück gibt es diese Dinge.

Konzerte gibt es auch noch, allerdings nur online, gestreamt. Viele meiner Kollegen und Freunde sind dazu übergegangen, Konzerte im Livestream zu spielen und einen digitalen Hut, ein „Tipjar“ auf Paypal herumzureichen um wenigstens einen Teil ihrer Miete bezahlen zu können. Das ist es, was wir Kreativen tun und schon immer tun mussten – wir finden neue Wege uns selbst am Leben zu halten, egal unter welchen Umständen.

Der große Unterschied zwischen Büchern, Netflix, Computerspielen sowie Spotify und Konzerten ist jedoch, dass erstgenannte immer noch so viel kosten wie bisher. Konzerte dagegen sind jetzt durch uns Musiker zur kostenlos verfügbaren YouTube-Massen-Ware geworden. In der Hoffnung auf Spenden sitzen hunderte Musiker vor ihren Webcams und singen sich die Seele aus dem Leib, mit mehr oder weniger großem Erfolg. Mich beunruhigt das sehr, denn dadurch entwerten wir unsere Leistung bis auf Null. (Zum Thema „Der Wert von Musik“ habe ich ja schon einmal etwas geschrieben…)

Ich will nicht bestreiten, dass das Streamen von Konzerten für viele momentan die einzige Möglichkeit ist den Lebensunterhalt zu bestreiten, so haben einige Kollegen auch schon richtig grandiose Hilfsaktionen per Livestream organisiert (z.B. Wulli & Sonja, Klick hier), ich möchte nur auf die Folgen hinweisen: Der ohnehin billigpreisverwöhnte Zuschauer hat nun die Chance jeden Tag in jeder Ecke des Internets Kleinkünstler, Songwriter und Interpreten völlig kostenlos zu hören.

Wir Kulturschaffenden mussten uns aufgrund der derzeitigen Situation in eine um Spenden bettelnde Straßenkünstlertruppe verwandeln. Wenn man sich vorstellt dass man durch eine sommerliche Fußgängerzone schlendert und an jeder Ecke ein Musiker steht der um Kleingeld bittet, dann bekommt man einen Eindruck davon wie sich die Wertschätzung unserer Kunst entwickeln könnte, und das obwohl im Kleinkunstbereich schon vorher um jeden Euro Gage oder Eintrittsgelder gefeilscht wurde. Mir stellen sich bei diesen Gedanken die Nackenhaare auf.

Nicht nur, dass sich durch fehlende Live-Veranstaltungen die GEMA-Ausschüttungen für das Jahr 2020 extrem reduzieren werden und viele tourende Musiker auch im nächsten Jahr noch herbe Verluste durch die Ausfälle hinnehmen werden müssen, wir Songwriter stellen unsere Leistung jetzt auch noch faktisch kostenfrei zur Verfügung. Oder für 50 Euro im virtuellen Spendentopf. Ich möchte das nicht, auch aufgrund der Tatsache, dass für mich Musikmachen schon immer eine „Zusammen“-Aktivität war.

Musizieren ist für mich ein Zusammenspiel von Künstler und Publikum und Mitmusikern, nicht das einsame Sitzen vor der Webcam, mit einem Auge in der Kommentarspalte um auf Musikwünsche zu warten. Es ist ein Auf-das-Gegenüber-Reagieren und gemeinsam Genießen. Also bitte verzeiht, wenn es von mir vorerst kein Livestreaming gibt. Ich habe für den Kulturbühne Strohalm e.V. ein Video aufgenommen, der Verein bietet uns Künstlern die Möglichkeit gegen kleine Gage einen kurzen Film auf deren YouTube-Kanal zu veröffentlichen. Vielen Dank dafür! Das Video könnt Ihr Euch gerne am Ende dieses Beitrags ansehen.

Auch bei den Leuten, die bisher schon mein Soforthilfepaket für Musiker gekauft haben möchte ich mich herzlich bedanken. Es waren nicht wenige dabei, die zusätzlich zum Kaufpreis noch eine Spende überwiesen haben. Ich weiß das sehr zu schätzen und freue mich über die große Solidarität meiner Hörerschaft!

Mich würde es sehr freuen, wenn wir uns bald wieder auf richtigen Bühnen im kleinen Rahmen sehen könnten. Die vielen Mails und Anrufe die mich in den letzten Wochen erreicht haben zeichnen ein sehr trauriges Bild für dieses Jahr: Eure Konzertbuchungen, Geburtstagsfeiern, Hochzeiten, Hotelbars, Messepartys und Hauskonzerte – alles fällt aus. Für mich summiert sich der Schaden mittlerweile auf einen fünfstelligen Betrag, für viele Kollegen aus der Veranstaltungsbranche sieht es aber noch viel, viel düsterer aus.

Lasst uns dieses Gefühl der Solidarität auch in Zeiten nach Corona (und die werden kommen!) behalten und uns gegenseitig unter die Arme greifen wo wir können. Bis bald, Freunde!

Und hier noch mein erster Beitrag zur Serie „Corona Clips“ des Kulturbühne Strohalm e.V.: